Eyetracking bedeutet übersetzt „Augenverfolgung“ oder Blickerfassung. Man bezeichnet damit die Aufzeichnung der Blickbewegung. Dabei wird erfasst, wohin Versuchspersonen schauen, wie lange und in welcher Reihenfolge bestimmte Bildinhalte dabei fixiert werden und wie oft bestimmte Bereiche wiederholt betrachtet werden. Die Anfänge der Forschungsmethode entwickelten sich Ende des 19. Jahrhunderts. Zunächst wurden die Augenbewegungen dazu durch direkte Beobachtungen von Forschenden erfasst. Im Laufe der Zeit wurden erste Apparate entwickelt, die jedoch relativ invasiv waren, indem beispielsweise Kontaktlinsen mit Aluminiumzeigern auf die Augen aufgebracht und die Köpfe der Probanden eingespannt wurden. Im 20. Jahrhundert wurde die Methode der Hornhautreflexion entdeckt und entwickelt, sodass heutige Eyetracker-Systeme komplett non-invasiv und ohne Beeinträchtigung der Versuchsperson die Blickbewegungen aufzeichnen können. Die Erfassung der Hornhautreflexion ist die heute am häufigsten eingesetzte Methode. Sie basiert auf der Lichtreflexion, die durch die Wölbung der Hornhaut des Auges ausgeht.
Die Reflexion bewegt sich abhängig von der Ausrichtung des Auges und wird vom Eyetracker in Abhängigkeit zur Pupille verrechnet (Abbildung 9). In der Regel nutzt der Eyetracker Infrarotlicht, um die Reflexion zu induzieren. Infrarotlicht bietet den Vorteil, dass es die Versuchsperson einerseits nicht stört und andererseits durch den Eyetracker von anderen Lichtquellen unterschieden werden kann, indem die Reflexion von einer Infrarotkamera aufgezeichnet wird. Für eine exakte Berechnung der Augenposition wird die genaue Relation von Reflexion zur Pupille für jede Versuchsperson zunächst kalibriert. Dazu fixiert die Versuchsperson Punkte auf dem Bildschirm, die den neun Blickrichtungen in Abbildung 9 entsprechen.
In Eyetracker-Studien (Blickbewegungsforschung) wird ausgewertet, welche Bereiche wann, wie lange und wie oft fixiert wurden. Weiterhin wird der Betrachtungspfad (Gaze-Plot) analysiert, indem die Sakkaden visualisiert werden, sodass auch die Reihenfolge der Fixationen ersichtlich ist. Untersucht werden kann mit dieser Technik von stationären Systemen alles, was auf einem Bildschirm dargestellt werden kann: Bilder, Internetseiten, Videos und anderes. Die Nutzungsfelder sind dabei sehr vielfältiger und betreffen nicht nur den akademischen Forschungsbereich. Die Medien- und Werbebranche nutzt die Forschungsmethode häufig, um z. B. Werbung zu optimieren oder Webseiten benutzerfreundlicher zu gestalten. Im klinischen Bereich können die Aufzeichnungen zur Diagnose von Augenproblemen oder auch Leseschwierigkeiten eingesetzt werden. Zentrale Fragestellungen der akademischen Forschung sind u. a.:
Unsere Blickbewegungen können zudem von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden:
Bei der Auswertung der aufgezeichneten Daten kann eine Fixation als Anzeichen für Interesse interpretiert werden. Die Verarbeitungstiefe nimmt weiterhin mit steigender Fixationsdauer zu, wonach die Fixationen für die Auswertung von Eyetracker-Daten besonders relevant sind. Wiederholende Blicke auf einen Bildbereich können neben Interesse aber auch dafürsprechen, dass Verständnisschwierigkeiten vorliegen. Bei allen Analysen von Eyetracker-Daten gilt es demnach zu beachten, dass lediglich ersichtlich wird, dass eine Versuchsperson einen bestimmten Bereich mit einer gewissen Dauer fixiert hat. Allerdings ist nicht bekannt, wieso dieser Bildbereich angeschaut wurde, welche Inhalte wirklich wahrgenommen wurden und welche subjektive Wahrnehmung dabei aufgetreten ist (siehe z. B. Abbildung 11).
Weiterhin muss beachtet werden, dass Objekte auch in der Peripherie, sprich der Umgebung außerhalb der direkten Betrachtung oder Fixation wahrgenommen und erkannt werden können. Werden beispielsweise nur die Augen eines Gesichts fixiert, hat der Proband dennoch das Gesicht als Ganzes wahrgenommen und könnte beispielsweise die Haarfarbe wiedergeben. Die Auswertungen sind also grundsätzlich quantitativer Struktur (Dauer und Intensität der Betrachtung) und jede qualitative Deutung (Wahrnehmung des Probanden) stellt eine Interpretation der Daten dar. Um die qualitativen Daten der Analysen besser zu interpretieren, werden häufig zusätzlich Befragungen eingesetzt, in denen die Versuchspersonen beispielsweise gefragt werden, was sie wahrgenommen oder wie sie das Gesehene interpretiert haben. Trotz dieser methodischen Einschränkungen können Fixationen grundsätzlich als Orte der Aufmerksamkeit ausgewertet werden.