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SchülerWissen „Gesichter und Emotionen“

Wahrnehmung

Wahrnehmung beschreibt den Prozess der Aufnahme und Verarbeitung von sensorischen Informationen durch die Sinnesorgane. Sie erfassen allerdings nur einen Bruchteil der tatsächlich in der Umwelt vorliegenden Informationen. Diese Einschränkung beruht auf der Wahrnehmungsfähigkeit der Sinnesorgane, die nur einen Teil der tatsächlich vorliegenden Reize aufnehmen können. Ein Beispiel ist die Wahrnehmung von Licht, welche beim Menschen den Wellenbereich zwischen 350 und 800 nm umfasst. Die Leistungsfähigkeit der Wahrnehmung unterscheidet sich zwischen den Tierarten enorm und ist an die jeweiligen Lebensräume und Überlebensfunktionen angepasst. Die fünf Basis-Sinne (Sinnesmodalitäten) des Menschen umfassen (Abbildung 1):

  • die visuelle Wahrnehmung mit den Augen,
  • die auditive Wahrnehmung mit den Ohren,
  • die olfaktorische Wahrnehmung mit der Nase,
  • die gustatorische Wahrnehmung mit der Zunge,
  • die taktile Wahrnehmung mit der Haut.

Darüber hinaus besitzt der menschliche Körper aber weitere vielfältige Wahrnehmungssysteme, wie beispielsweise den Schmerz- und Temperatursinn oder auch den Gleichgewichtssinn. Auch die Bewegung des Körpers oder innere Prozesse, wie z. B. Hunger sind wahrnehmbar.

Die objektive Sinnesphysiologie untersucht die physiologischen Prozesse der Sinnesorgane und ihre Leistungen. Die subjektive Sinnesphysiologie oder auch Wahrnehmungspsychologie untersucht wissenschaftlich wie ein Reiz empfunden oder wahrgenommen wird und umfasst auch die affektive/emotionale Bewertung einer Wahrnehmung sowie die dadurch ausgelöste Verhaltensweise (Abbildung 2).

Sinnesreize lösen in den Rezeptoren des zugehörigen Sinnesorgans Signale aus. Diese werden vom nachgeschalteten Nervensystem verarbeitet. Dabei entsteht zunächst ein elementarer Sinneseindruck wie z. B. „Ich schmecke etwas Süßes“ als einfachste Einheit (Geschmack). Sinneseindrücke werden aber nicht isoliert aufgenommen, sondern in Summe als Sinnesempfindung. Beispielsweise „Ich schmecke etwas Bittersüßes und spüre ein Prickeln auf der Zunge“. Die Wahrnehmung beschreibt schließlich die Zuordnung der Sinnesempfindung zu einer angeborenen oder erlernten Bedeutungsklasse und beinhaltet demnach einen Erkennungsprozess, beispielsweise „Ich trinke ein Bitter Lemon“. Die geringste Reizintensität, die empfunden werden kann, wird als sensorische Schwelle (Intensitätsschwelle) bezeichnet. Der Reiz kann bei dieser Intensität jedoch noch keiner eindeutigen Sinnesempfindung zugeordnet werden und entspricht z. B. lediglich der Empfindung „Ich rieche etwas“. Die Reizintensität, die für eine Spezifizierung notwendig ist, wird als Unterschiedsschwelle (Qualitätsschwelle) definiert, sodass beispielsweise dem Geruch die Wahrnehmung „Ich rieche Rosen“ zugeordnet werden kann. Jeder Sinneseindruck beinhaltet Informationen über die vier Grunddimensionen: Qualität (z. B. Helligkeit und Farbe), Räumlichkeit (Lokalisierung), Zeitlichkeit (Dauer) sowie Intensität (z. B. wie hell).

Die von den Sinnesrezeptoren empfangenen Reize werden nicht unverändert bis in die Wahrnehmungsareale des Gehirns weitergegeben, sondern zunächst an mehreren Stationen gefiltert, verrechnet und angepasst. Dadurch unterscheiden sich die empfangenen Reize von dem tatsächlich wahrgenommenen. So wird beispielsweise die Weitergabe schwacher Signale oder eine Kontrastverschärfung durch ausgeprägte Hemmvorgänge des Umfelds gewährleistet.

Neben der Wahrnehmung lässt sich noch der Begriff der Aufmerksamkeit abgrenzen. Die Aufmerksamkeit beschreibt die menschliche Fähigkeit, aus dem vielfältigen Reizangebot der Umwelt einzelne Reize auszuwählen und bevorzugt zu verarbeiten, während andere gleichzeitig unterdrückt werden. Es findet also eine aktive Auswahl (Selektion) statt, was im Alltag bewusst wahrgenommen wird, da die Ressourcen nicht ausreichen, um alle Informationen gleichzeitig zu verarbeiten. So erfolgt eine Begrenzung auf das Wesentliche beispielsweise dann, wenn wir uns in einem Raum voller sich unterhaltender Menschen auf ein einzelnes Gespräch konzentrieren. In diesem Fall wird die Wahrnehmung auf eine bestimmte Informationsquelle fokussiert. In anderen Situationen kann es dagegen vorkommen, dass wir Reize wahrnehmen ohne die Aufmerksamkeit darauf zu richten. Beispielsweise wenn man auf eine Uhr schaut und anschließend die Uhrzeit nicht weiß.